Wie denken Sie über die neue Form bzw. die neuen Formen der Vorbereitung zur Erstkommunion in unserer Pfarrei?
Es erstaunt mich immer wieder, was für ein gewaltiges Gewicht die Erstkommunion-Feiern anscheinend im Leben unserer Gemeinden haben. Und es freut mich, dass sich Menschen so einsetzen und dass Kinder auf ihren großen Tag hinfiebern. Natürlich würde mich noch mehr freuen, wenn die Erstkommunion-Vorbereitung nicht erst ein gutes halbes Jahr vor der Osterzeit anfängt, sondern schon mit der Taufe, und wenn es nach der Vorbereitung auch eine Art Erstkommunion-Nachbereitung gäbe.
Der Tag der Erstkommunion scheint emotional hoch aufgeladen zu sein – und steht damit in der Gefahr, für andere Lebensthemen kaum noch Raum zu lassen. Als These möchte ich formulieren: In der Erstkommunion verdichtet sich die Situation unseres gesamten kirchlichen Lebens. Während die katholische Kirche und die Gesellschaft überhaupt bis in die 1960er hinein durch Autoritäten haben in Mitteleuropa an Einfluss verloren; immer mehr Menschen suchen sich individuell das aus, was zu ihnen passt.
Soziologen sprechen von einer Auflösung, einer Fragmentarisierung oder Atomisierung unserer Gesellschaft. Wie ist angesichts einer immer pluraler und individueller werdenden Gesellschaft überhaupt noch Gemeinschaftserfahrung möglich? Was gibt Halt, wenn private Verbindungen und Familien sich auflösen, Arbeitsverträge schneller gekündigt werden und sich Arbeits- und Wohnwelt von Menschen immer weiter entfernt? Früher war klar, zu welcher Zeit man sich wöchentlich zum Kommunion-Unterricht als Fortsetzung des Schulunterrichts mit anderen Mitteln und anderen Personen traf und für wann die Erstkommunionfeier angesetzt war. Pfarrer und Katechet/inn/en haben das meiste einfach vorgegeben.
Aber früher hat auch die Schule nicht so lang gedauert, es gab keine OGS, Kinder hatten noch keinen vollen Terminkalender. Und es war klar, zu welcher Kirche man ging, weil man eben nebenan wohnte.
Die Leitgedanken bei der Umstellung der Erstkommunion-Vorbereitung in der Pfarrei Heilig Geist waren deshalb:
- Eltern sollen selbst entscheiden, wie die Vorbereitung ihrer Kinder aussehen soll. Die Vorbereitung soll an die Kinder angepasst werden und nicht die Kinder an die Vorbereitung.
- Und: Die Erstkommunion-Vorbereitung soll nicht eine sechsmonatige Parallel-Welt sein, aus der die Kinder nach der Erstkommunion in die wirkliche Welt zurückkommen. Sondern die Vorbereitung soll eingebettet sein in Familie und Gemeinde-Leben.
Soweit die Idee … In der Umsetzung werden die Verantwortlichen für die drei Modelle der Erstkommunion-Vorbereitung – Gemeindereferent/in C. Tüttenberg, P. Graff, R. Cober – nun mit Fragen konfrontiert, die bei der Konzeptionierung noch nicht im Blick waren. Doch da möchte ich an alle appellieren: Wir sind Lernende. Wir brauchen Rückmeldungen. Niemand hat Lust am Frust anderer.
Bei der GdG-Rats-Sitzung Ende März wurde die Erstkommunion-Vorbereitung thematisiert und über die Gemeinderats-Vertreter/innen werden noch mal Rückmeldungen gesammelt. Diese Erfahrungen – eigentlich bis zu den Feiern – sind wichtig, um den nächsten Durchgang 2017/18 gut zu planen. Natürlich drängen uns die Eltern, die gerne schon für 2018 eine Lokalität festmachen möchten, konkrete Daten zu Ort und Datum schnell zu veröffentlichen. Im Mai-Pfarrbrief werden Sie lesen, wie nach den ersten Erfahrungen und aufgrund der Rückmeldungen die Erstkommunion-Vorbereitung in 2017/18 aussehen soll.
Ja, in der Erstkommunion-Vorbereitung verdichten sich so manche Phänomene unseres kirchlichen Lebens. Und unser neuer Bischof Dr. Helmut Dieser bestärkt uns darin, dass wir neue Formen angehen und nicht warten, bis sich jemand Amtliches meldet, um Kirche und Christ-Sein zu erklären:
Der Bischof ist durchaus skeptisch, ob das kirchliche Personal dieser Aufgabe gänzlich gewachsen ist. ‚Zu warten, bis die Bedingungen ideal sind, ist eine Versuchung, aber nicht die Botschaft Jesu.‘ Das Wenige und der Glaube könnten Wunder bewirken. ‚Die Hauptamtlichen – Priester, Pastoral- und Gemeindereferent/inn/en – können das Gemeindeleben nicht mehr allein garantieren. Und Priester können sowieso nicht Kirche machen. Es gibt nicht nur Priestermangel, sondern auch einen Mangel an überzeugten und überzeugenden Gläubigen, die ihren Glauben vorleben‘
heißt es im Interview mit ihm, das am 25.02.2017 im Lokalteil erschienen ist.
In diesen Umbrüchen wollen wir den Wandel vor Ort hoffnungsvoll gestalten: Auf dass die Gemeinschaft, die wir in der Kommunion mit Christus feiern, uns mehr und mehr als Christen verbindet über Zeit und Raum und verschiedene Formen hinaus!
Ihr Pastor Josef Wolff