Zwei halbe Masken, die eine fröhlich, die andere traurig. Zwei Hälften, die erst zusammen ein Ganzes ergeben, so wie zum Sommer der Winter gehört, zum Tag die Nacht, zum Leben der Tod und zu Karneval die Fastenzeit. Wir blenden gerne das Dunkel und das Leid in unserem Leben aus, weil es uns beängstigt. Aber wir können den Sommer, den Tag und das Leben nur wirklich wertschätzen, wenn wir auch die andere Seite kennen.
In der heutigen Zeit gibt es so viele Dinge, die uns ablenken und die wir ganz bewusst dazu auch benutzen, z.B. die Informationsflut durch die Medien oder die zahlreichen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Wir laufen vor der dunklen Seite davon und hoffen, dass wir sie so vermeiden können. Bei manchen Dingen mag dies auch gehen, aber nicht immer. Schmerz, Trauer, Einsamkeit und scheinbar ausweglose Situationen wird jeder irgendwann einmal erfahren. Und so gehört zum Karneval eben auch die Fastenzeit, denn in den jecken Tagen sollen die Menschen noch einmal das Leben feiern, bevor dann eine Zeit der Stille und Besinnung anbricht.
Früher verzichteten die Menschen auf Nahrung, besonders auf Fleisch. Heute wird oft auf andere Art und Weise gefastet, wie z.B. durch Internetfasten, Fernsehfasten oder Autofasten.
Aber wie wäre es einmal mit dem Verzichten auf den Verzicht? Warum die Fastenzeit nicht als Zulassen statt als Verzicht verstehen? Das Zulassen der Stille um uns und in uns. Nicht umsonst ist der Karneval laut und bunt, wir setzen damit auch einen Kontrast zu der darauf folgenden Fastenzeit, die dann aber im Alltag mit seinen Ablenkungen oft untergeht.
Wie wäre das: Sich bewusst einmal am Tag etwas Zeit nehmen, einfach nichts zu tun? Sich eine Pause nehmen, in der man störende Geräusche ausschließt, und zulassen, was dann kommt. Es geht nicht darum in Grübeleien zu verfallen, sondern nach innen zu lauschen und das wahrzunehmen, was im Alltag meist untergeht. Denn nur in der Stille können wir die Stimme Gottes hören.
Und auf jede Nacht folgt auch wieder ein neuer Tag und so auf die Fastenzeit Ostern, das Fest der Auferstehung, des Neubeginns und des Lebens. Wieder werden zwei Teile zusammen zu einem Ganzen.
Ute Kreutzer