Jülich, Propsteikirche St. Mariä Himmelfahrt
Patronat: Das Fest der »leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel« wird schon im 6. Jh. gefeiert und 1950 durch Papst Pius XII zum Dogma erhoben. – Festtag ist der 15.08. Er ist auch der Tag der Kräuterweihe.
Aus der Geschichte des Ortes und der Kirche: Schon bald nach seiner Entstehung an der alten Römerstraße von Köln zum Englischen Kanal und am Rur-Übergang im 1. Jh. wurde Jülich 357 erstmals genannt. Im 8. Jh. war es Zentralort eines Dekanates, bevor Erzbischof Wichfried von Köln (900–953), ein Bruder des Grafen Gottfried von Jülich, 945 die Jülicher Kirche dem Kölner Ursula-Stift schenkte. Auf seinen Predigtreisen war Bernhard von Clairvaux (1090–1153), der vielleicht berühmteste Mönch der gesamten Kirche, am 14. und 15.01.1147 in Jülich. Herzog Wilhelm V. (1516–1592) verlegte seine Residenz von Nideggen nach Jülich und ließ die Stadt nach dem großen Brand von 1547 als Festung im italienischen Stil mit Zitadelle und Schloss ganz neu erbauen. Nach Jahrhunderten der Nutzung als Kaserne und nach großen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden der Ostflügel des Schlosses mit der SCHLOSSKAPELLE seit 1960/70 restauriert, sodass beide heute wieder als ein großes Bauwerk italienischer Hochrenaissance deutlich werden. Ihr italienischer Architekt Alessandro Pasqualini (1493–1559) hatte sein Handwerk wohl in der römischen Bauschule an St. Peter bei Bramante (1444–1514) und Raffael (1483–1520) gelernt, sodass die 1553 begonnene Schlosskapelle eines der schönsten Renaissance-Bauwerke nördlich der Alpen wurde.
1568 wurde von Nideggen auch das »Stift mit den Reliquien der Seligen Christina von Stommeln (1242–1312)« nach Jülich verlegt und erhielt den Namen Liebfrauenstift. Zu einem Stift gehören meist zwölf Geistliche und ein Dechant. Leiter der äußeren Angelegenheiten eines Stiftes ist der Propst. Mit der Säkularisation wurde das Stift aufgelöst. 1936 wurde die Kirche in Erinnerung an die vergangenen Zeiten »Propsteikirche« und der Pfarrer Propst. Die Mitglieder eines Stifts, die Kanoniker oder Stiftsherren, lebten von den dem Stift zur Verfügung gestellten Pfründen.
Christina von Stommeln und trug – vielfach belegt – die Wundmale Christi an Händen, Füßen, Brust und Stirn. Ein deutlich sichtbarer, bisher nicht erklärter, grüner Streifen auf ihrem Schädel in Jülich, wird von manch einem als Zeugnis der Dornenkrone Christi gedeutet. Der Codex Iuliacensis, heute aufbewahrt im Diözesanmuseum in Aachen, enthält u.a. einen höchst interessanten und für die Mystik-Forschung wichtigen Briefwechsel, den Christina mit Petrus von Dacien, einem Dominikaner aus Schweden, führte. 1908 wurde Christina seliggesprochen. – Festtag 06.11.
Die heutige Jülicher Propsteikirche wurde nach der Kriegszerstörung 1952 von Peter Salm aus Aachen neu gebaut. Aus dem 11. bis 15. Jh. stammende Vorgängerbauten wurden am Ende des 19. Jh. von Wiedhase und Renard neoromanisch umgebaut. Das Untergeschoss des Turms stammt z. T. aus dem 12. Jh. Sehenswert die Kalksintersäulchen im Turmdurchgang. Im ersten Obergeschoss eine Michaelskapelle mit Kuppelgewölbe.
Ausstattung: Glasfenster der Nord- und Südwände von Anton Wendling, Facettenreiche Formstrenge,Linnich 2009); Chorfenster von Ludwig Schaffrath, 1952.
Bemerkenswert
Der zwischen 2002 und 2010 neu gestaltete Chorraum mit einem Hochaltarretabel von 1909, einem Altar mit Bronzeplatten, einem Ambo und einem Lesepult sowie Sedilien, Kredenztisch, Leuchtern und Radleuchter von Maria und Juan Fernandez aus Engelsdorf. Im rechten Seitenschiff ein Altaraufsatz von Hein Minkenberg (1889–1968). Im linken Seitenschiff ein Seitenaltar aus der Zeit um 1909, dem hl. Josef geweiht. Sarkophag der Sel. Christina, Renaissance, 16. Jh. Glasschrein wohl 19. Jh.
Alte Glocken: Zwei von 1508 des Glockengießers Gregor von Trier.
Orgel: 40 Register, 1998, Vleugels, Orgelma-nufactur, Hardheim.
Auf dem Kirchplatz: Mariensäule von Maria Fernandez, Engelsdorf, aus dem Jahre 1998. Spiralförmig ansteigend zeigt die Bronzesäule Bilder aus der Stadtgeschichte; oben eine thronende Madonna mit Kind.
Zur Propsteipfarre gehört auch die Kapelle des Mädchengymnasium Jülich an der Römerstraße. Der sehr schlichte Bau ersetzt seit 1950 eine neugotische Kapelle aus dem Jahre 1908 und war bis 1971 Klosterkirche der Franziskanerinnen von Olpe. Architekten waren Jupp und Willi Palm aus Breyell. Von der Ausstattung sind zu nennen ein sehr schönes Glasfenster von 1956, Entwurf Wilhelm Buschulte, sowie das Tabernakel von 1925, das der Jülicher Goldschmied Alois Woltz geschaffen hat. Patron der Kirche ist der hl. Josef. Von Hubert Hartmann aus Wiedenbrück stammt eine Madonna von 1954.
Innerhalb der Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt ist noch auf die Kapelle im St. Elisabeth-Krankenhaus zu verweisen. Patronin ist die heilige Elisabeth von Thüringen (1207–1231), die Schützerin aller Armen und Kranken. Die Kapelle besitzt eine schöne Glasfenster-Wand mit geometrischen Kompositionen ohne Zeit- und Künstlerangabe. An der Rückwand der Kapelle Bilder aus dem Leben der hl. Elisabeth des Koslarer Keramikkünstlers Arnold Schlader (1944–2010) aus dem Jahr 2007.