Etwas bleiben und etwas werden

Etwas bleiben und etwas werden

Kategorie(n): alle Gemeinden, Allgemein

Erinnern…

Das Wort „erinnern“ wird 164-mal in der Bibel verwendet und kommt in mehr als der Hälfte der 73 Bücher der Bibel vor. Indem Gottes Wort diesen Begriff wiederholt, sagt es: „Vernachlässigt die Vergangenheit, die erlebte Geschichte nicht.“ Diese ist voller Bedeutung und Gott fordert uns auf, uns mit den Erinnerungen zu beschäftigen.

In meinem Fall schließe ich mich dem Erinnern an. Es ist wie an Weihnachten oder Silvester, wo die meisten üblicherweise auf das Jahr zurückschauen. Ich ziehe mein Resümee dieses Jahr etwas vor – oder besser gesagt, das Resümee der letzten vier Jahre meiner Assistenzzeit in Jülich. Nach dem Theologiestudium bin ich 2019 nach Jülich gekommen, um als Pastoralassistentin die Theorie mit der Praxis vor Ort zu verbinden und zu lernen, was es bedeutet, im pastoralen Dienst zu arbeiten.

Etwas bleiben und etwas werden…

Ich wollte gerne Pastoralreferentin werden und hatte Ideen und Vorstellungen, wie die Arbeit vor Ort aussehen kann. Was ich eher ausgeschlossen hatte, war es, als Lehrerin zu arbeiten – ich dachte, es würde mir nicht liegen – doch da wurde ich eines Besseren belehrt. In dieser Situation war es gut, dass die Schulausbildung noch zu den Ausbildungsinhalten gehörte, also konnte ich unter ervorragender Begleitung an der Kath. Grundschule (KGS) lernen und hätte nie gedacht, dass es mir so viel Spaß machen würde, zu unterrichten und mit Schüler*innen zu arbeiten. Als besonders wertvoll habe ich empfunden, danach an der Sekundarschule in der Schulseelsorge mit einem erfahrenen Kollegen zusammenarbeiten zu dürfen und den Bereich Schule weiter für mich zu entdecken.

In der Coronazeit wurde ich mit ihm und vielen anderen Menschen kreativ, um mit den Herausforderungen umzugehen und das Beste daraus zu machen. „Firmung to go“, „Gottesdienste mit Masken“, Fortbildungen z.B. zu Gesprächsführung oder Trauerpastoral, der Neue Sonntagabend oder Einzelseelsorge – die Liste der Tätigkeiten, ob online oder in Präsenz, ist wie bei meinen KollegInnen und Kollegen noch um einiges länger und ich kann nicht behaupten, dass es hier in Jülich nicht reichlich zu lernen und gemeinsam zu arbeiten gab.

Die Kirche hier in der GdG Jülich ist bunt und vielfältig – jeder Teil der Pfarrei Heilig Geist bringt seinen eigenen Charme und seine eigene Geschichte mit ein. Alle Orte von Kirche bleiben die, die sie sind, und werden doch schon seit 10 Jahren eine vernetzte Pfarrei. Gemeinsam werden sie weiterhin dafür sorgen, dass das Morgen gestaltet wird.

In der Assistenzzeit begegneten mir immer wieder Begriffe wie „Kirche im Wandel“, „Zukunft der Kirche“, „Kirche von morgen“. Ich denke, dass eine Kirche von morgen aus einem Teil „bleiben“ und einem Teil „werden“ besteht. Dieses „Werden“ ist noch unbekannt und unsicher – das Morgen ist noch nicht geschrieben und fremd. Kirche ist im Umbruch und so sehe ich auch die Zukunft von Kirche: dass wir uns daran erinnern, welche Fähigkeiten, welchen Reichtum an Traditionen wir haben und was an Neuem über die Jahrhunderte immer wieder dazukam, sich anpasste oder neuentwickelte.

Lassen Sie uns gemeinsam an neuen Traditionen bauen – jetzt ist die beste Zeit dafür. Die Gemeinschaften vor Ort, die Menschen, die sich engagieren, sie gestalten Kirche – und das zu einem gesellschaftlich spannenden Zeitpunkt, wo vieles in Frage steht und sich verändert. Doch wir wissen Gott an unserer Seite – Gott geht mit. Seine Liebe zu seinen Geschöpfen bringt ihn schließlich sogar dazu, selbst in die „Fremde“ zu gehen, ein Mensch zu werden, um ihnen nahe zu sein und sie von Leid und Tod zu befreien. So wie Gott sich anrühren und bewegen lässt, so sollen auch wir uns bewegen und rufen lassen, immer wieder aus unseren Ängsten, die uns lähmen, aufzubrechen, aus Bequemlichkeit und Sattheit, die uns unbeweglich und stumpf machen. Aufzubrechen, so wie Zachäus, der sein altes Leben hinter sich ließ und Neues wagte. Wir bleiben etwas und werden etwas …

Aber allein bei dem Erinnern möchte ich nicht verweilen – mich beschäftigen z.B. gerade die Vorfreude und Neugier auf eine neue berufliche Aufgabe, auf eine neue Wohnung und einen neuen Wohnort ebenso wie auch die Ängste und Zweifel angesichts des Unbekannten und Fremden in einer neuen Umgebung. Erinnern und Zu kunft neu gestalten passiert manchmal gleichzeitig. Nun gehören die Pfarrei und Jülich auch zu meinem Erinnerungsschatz, den ich mit ins Morgen nehme.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Menschen herzlich bedanken, die mich auf dem Weg begleitet haben, denen ich unglaublich viel verdanke und denen ich begegnen konnte.

Vielen Dank!
Pastoralassistentin Linda Schmitt-Thees

Foto: privat
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