Am 5. November 1943 wurde der Vatikan bombardiert. Bis heute ist unbekannt, wer diesen Angriff – die einzige Verletzung der Integrität dieses Staatsgebiets im Zweiten Weltkrieg – geflogen ist. Die vier Bomben richteten nur Sachschaden an, auch am Petersdom. Mussolini, der Faschist, der 1938 die Italiener als Arier „entdeckt“ hatte, war da schon Geschichte: Italien hatte sich vom Faschismus befreit und wurde von Deutschland besetzt.
In Deutschland war der systematische Mord an den deutschen Juden in vollem Gang. Auch hier hatte es scheinbar harmlos angefangen: Am 1. April 1933 wurden jüdische Geschäfte boykottiert und Juden durften nicht mehr Beamte werden. Zwölf Jahre später waren sechs Millionen Juden in Europa ermordet. Und Adolf Eichmann, der Schreibtischtäter, bedauerte weitere 15 Jahre später nur, dass es nicht mehr Ermordete waren.
„Setzen wir ein Zeichen“
Heute wird Antisemitismus wieder „salonfähig“ – italienische Regierungsparteien hofieren den Faschismus, indonesische Künstler missbrauchen die documenta15 als Plattform für primitive Aggression gegen Menschen jüdischen Glaubens. Das hat nichts mit Kunst zu tun.
Auch in Jülich dauerte es bis in die 80-er Jahre des vorigen Jahrhunderts ,bis die Aufarbeitung begann. Bis heute sind viele Fragen immer noch ungeklärt, so auch das Schicksal der Villa Buth, wo über 100 Juden aus dem Kreis Jülich kaserniert wurden, bevor sie „in den Osten“ zu ihrer Ermordung deportiert wurden. Es war die freie Entscheidung des Jülicher Landrats von Mylius, dieses „Judenhaus“ einzurichten.
Die Pfarrer Dr. Jöcken (verst. 2020) und Dr. Kressner waren es, die 1983 die erste Gedenkveranstaltung zusammen mit Hilda Swalve an der Stelle ins Leben riefen, wo 1958 die verlassene Synagoge abgerissen worden war. Juden gab es schon um 800 in Jülich. Auch in diesem Jahr sind alle Jülicher aufgerufen, die Erinnerung an die ermordeten Juden wachzuhalten als Auftrag, wachsam zu sein und einzuschreiten, wenn Menschen ihrer Würde beraubt werden.
Im Jahr 2022 beginnt das Gedenken am 09.11. um 18.30 Uhr an der Gedenktafel für die jüdischen Synagogen in Jülich. Katholiken, Protestanten und die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz e.V. laden herzlich ein.
Setzen wir ein Zeichen!
Heinrich Spelthahn