Vor 100 Jahren putschten Hitler und seine Verbündeten. Vor 90 Jahren brachten konservative Kreise die Nationalsozialisten an die Macht und machten den Putschisten Adolf Hitler zum Reichskanzler. Danach dauerte es bis zur totalen Machtübernahme rund 18 Monate – doch schon nach wenigen Wochen war die Weimarer Republik Geschichte und der demokratische Staat zerstört: Juden-Boykott, Ausschaltung der Freiheitsrechte, Entmachtung des Parlaments, willkürliche Inhaftierung von Reichstagsabgeordneten und „Gegnern“. Wenn niemand den Rechtsstaat verteidigt, ist nicht viel nötig, um ihn zu zerstören. Das ist die Lehre aus der Zerstörung der Weimarer Demokratie.
Deshalb gedenken wir der Verbrechen, die in deutschem Namen 1933-1945 verübt wurden. Sie passierten nicht – sie wurden geplant, gründlich und grauenhaft. Und auch in Jülich gab es Täter, die bis heute angesehen sind. Und auch in Jülich gab es Opfer, deren Leid 1945 nicht aufhörte. Kein Jülicher Jude ist nach dem Krieg nach Jülich zurückgekehrt. Es dauerte 35 Jahre, bis das einsetzte, was wir heute „Erinnerungskultur“ nennen.
Die Jülicher denken bis heute an die Zerstörung der Stadt am 16. November 1944. Die Bomben kamen aber nicht aus heiterem Himmel: Die Ursache wurde Schritt für Schritt ab 1933 gelegt: Menschenfeindlich, kriegslüstern, rassistisch, antisemitisch.
Es wird Zeit, dass in Jülich der 9. und der 16. November verbunden werden. Die Welt, allen voran Amerikaner und Briten, halfen uns, die Diktatur zu beenden. Wir haben es nicht selbst geschafft.
Die Pfarrer Dr. Jöcken und Dr. Kressner waren es, die 1983 zusammen mit Hilda Swalve die erste Gedenkveranstaltung an der Stelle ins Leben riefen, wo 1955 die verlassene Synagoge abgerissen worden war. Auch in diesem Jahr sind alle Jülicher aufgerufen, die Erinnerung an die ermordeten Juden wachzuhalten als Auftrag, wachsam zu sein und einzuschreiten, wenn Menschen ihrer Würde beraubt werden.
Heinrich Spelthahn
Das Gedenken beginnt am 9. November 2023 um 18.30 Uhr an der Gedenktafel für die jüdischen Synagogen in Jülich mit Lichterprozession zum Mahnmal und anschließender Begegnung im Bonhoeffer-Haus.
Katholische und evangelische Kirche und die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz e.V. laden herzlich ein. Setzen wir ein Zeichen!